Wie sieht die Zukunft von SPC aus?
Die Qualitätssicherung in der industriellen Fertigung hat sich über die Jahrzehnte grundlegend verändert. Ein zentrales Werkzeug dieser Entwicklung ist die statistische Prozessregelung (SPC), ein Verfahren, das heute aus der modernen Produktion nicht mehr wegzudenken ist.
Historischer Ursprung: Shewhart und die Geburtsstunde von SPC
In den 1930er Jahren entwickelte Walter A. Shewhart bei den Bell Telephone Laboratories die ersten Qualitätsregelkarten. Ziel war es, die Prozessstabilität durch die statistische Auswertung von Stichproben zu überwachen. Damit wurde der Grundstein für SPC gelegt, denn die statistische Prozessregelung ist ein Verfahren, das bis heute weltweit Anwendung findet.
SPC in Deutschland: Frühe Impulse und institutionelle Verankerung
Auch in Deutschland begann die Auseinandersetzung mit statistischen Methoden früh. Bereits in den 1950er Jahren formierte sich eine Arbeitsgruppe, die später in der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) aufging. Durch Schulungen und Fachliteratur wurde SPC zunehmend bekannt, allerdings blieb die Anwendung lange freiwillig und oft theoretisch.
Ford Q101: Der praktische Durchbruch durch Kundenaudits
Einen entscheidenden Schub erhielt SPC durch die Einführung der Q101-Richtlinie bei Ford in den 1980er Jahren. Zulieferer wurden verpflichtet, ihre Prozesse statistisch zu überwachen und anhand von Fähigkeitskennwerten zu bewerten. Kundenaudits sorgten für eine flächendeckende Umsetzung. Gleichzeitig verlagerte sich die Verantwortung für Qualität von der Prüfabteilung zum Werker, unterstützt durch geeignete Messtechnik und digitale Regelkarten.
Diese Entwicklung führte zu einem Kulturwandel: Qualität wurde nicht mehr „geprüft“, sondern aktiv „produziert“.
Normen und Standards: QS-9000, ISO/TS 16949 und darüber hinaus
Mit der Veröffentlichung der QS-9000 durch die AIAG (Chrysler, Ford, GM) wurde nahm die Zukunft von SPC erneut eine wichtige Wende, denn die statistische Prozessregelung wurde zum verbindlichen Bestandteil des Qualitätsmanagements in der Automobilindustrie. Die Nachfolgenorm ISO/TS 16949, heute IATF 16949, schuf einen weltweit gültigen Standard. Begleitdokumente wie das SPC-Manual und die MSA-Richtlinie konkretisierten die Anforderungen und wurden zur Basis für Zertifizierungen.
Internationale Normen wie ISO 7870 (Regelkarten), ISO 22514 (Fähigkeitsuntersuchungen) und ISO 11462 (SPC-Leitlinien) regeln heute die Umsetzung und Weiterentwicklung.
Softwarevalidierung und Referenzdatensätze
Ford erkannte früh, dass fehlerhafte Softwareberechnungen zu falschen Entscheidungen führen können. Gemeinsam mit der Fa. Q-DAS, deren Gründer der heutige ComPro Geschäftsführer Edgar Dietrich war, wurden Testdatensätze entwickelt, um SPC-Software zu validieren. Dieser Ansatz wird heute in der ISO/TR 11462-3 weitergeführt.
Die Zukunft von SPC: KI als nächster Evolutionsschritt
Die Zukunft von SPC liegt in der intelligenten Prozessüberwachung. Sensoren liefern heute riesige Datenmengen, die mittels Machine Learning analysiert und zur automatischen Prozessoptimierung genutzt werden können. Erste Ansätze zeigen, dass auch die Auswahl geeigneter Verteilungsmodelle, die bisher manuell vorgenommen wurde, künftig durch Künstliche Intelligenz erfolgen kann.
Auch die Auswahl geeigneter Messsysteme gemäß VDA Band 5 wird zunehmend digital unterstützt. Die geplante Harmonisierung zwischen AIAG und VDA soll in naher Zukunft ein gemeinsames SPC-Manual hervorbringen. Dies markiert einen weiteren Schritt in Richtung globaler Standardisierung.
Fazit: SPC bleibt, aber wird intelligenter
SPC hat sich vom theoretischen Konzept zur praktischen Grundlage moderner Qualitätssicherung entwickelt. Mit dem Einzug von KI stehen wir erneut vor einem Paradigmenwechsel hin zu selbstlernenden, adaptiven Qualitätssystemen. Für Fachkräfte im Qualitätswesen bedeutet das: SPC bleibt relevant, wird aber intelligenter, schneller und vernetzter.
Einen Überblick über die Historie der statistischen Prozesssteuerung erhalten Sie auch im Video Historischer Rück- und Ausblick auf Statistical Process Control (SPC). Ihre Kenntnisse zum Thema SPC vertiefen Sie mit dem Fachbuch Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozessqualifikation aus dem Hanser Verlag.